Artikel von Kerstin Rosenberg, Ayurveda-Ernährungsexpertin und Geschäftsführerin der Europäischen Akademie für Ayurveda
Den typgerechten Ansatz der ayurvedischen Ernährung in der eigenen Familie fachgerecht und alltagstauglich umzusetzen, kann ganz einfach sein. Und doch empfinden es viele Ayurveda-Einsteiger und -Profis als stressige Herausforderung, die konstitutionsbezogenen Bedürfnisse von Eltern, Kindern, Oma und Hund unter einen Hut zu bringen. „Muss ich nun für jeden in der Familie extra kochen?“ ist eine der häufigsten gestellten Fragen nach einer ayurvedischen Ernährungsberatung. Glücklicherweise können wir unsere Klienten beruhigen, denn Ayurveda macht unser Leben einfacher und nicht komplizierter. Selbst in der typgerechten Familienernährung!
Ayurveda kreativ verpackt
Grundsätzlich betrachtet Ayurveda jede Mahlzeit als nährenden Vitalstoffspender für das körperliche und mentale Gleichgewicht. Durch einen ausgewogenen Speiseplan mit viel frischem Gemüse, Früchten, Getreide, Hülsenfrüchten, Nüssen, Fetten und Milchprodukten erhält der Stoffwechsel alles, was er für die tägliche Zellerneuerung benötigt. Das nun alle Familienmitglieder in Verzückung geraten, wenn es täglich ein typisch-indisch inspiriertes Ayurveda-Menü mit Reis, Dal, Gemüse und Chutney gibt, kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Hier braucht es für die ganz Jungen und die Älteren mehr Abwechslung durch mediterrane und regional inspirierte Rezepte, die ebenfalls nach den ayurvedischen Prinzipien zubereiten können, ohne dass es immer nach Kreuzkümmel und Koriander schmeckt.
Konstitutionsgerechte Varianten innerhalb eines Menüs
Die individuelle, dosha-regulierende Komponente wird durch die Betonung einzelner Geschmacksrichtungen (Rasa) integriert. Dies bedeutet in der täglichen Ernährungspraxis, dass ein gemeinsames Familienmenü durch die Auswahl der Menükomponenten und Zugabe von Gewürzen auf einfache Weise „typgerecht individualisiert“ werden kann:
- Vata-betonte Familienmitglieder mit Neigung zu trockener Haut, Blähungen oder Kältegefühl benötigen feuchtere und ölige Nahrung mit süßem, saurem und salzigem Geschmack. Dafür achten sie auf genügend weichgekochte Getreide und proteinhaltige Speisen und würzen ihr Essen mit etwas Zitrone und Salz nach.
- Pitta-betonte Familienmitglieder mit Neigung zu übermäßiger Hitze- und Säurebildung sollten kühlende und schwere Speisen bevorzugen. Sie stillen ihren großen Appetit mit einer Süßspeise, Getreide und viel Wurzel- und bitterem Blattgemüse. Statt jedoch mit Zitrone und Salz nachzuwürzen, verwenden sie genügend Ghee, Koriander und Kurkuma.
- Kapha-betone Familienmitglieder mit Neigung zu Übergewicht und Erkältungserkrankungen tun gut daran, generell etwas weniger zu essen und ihr schwaches Verdauungsfeuer mit scharfen, bitteren und herben Speisen anzuregen. Sehr gut ist das Nachwürzen mit einer pikanten Curry- und Pfeffermischung. Milchprodukte wie Käse oder Joghurt hingegen sollten eher gemieden werden.