Die Entwicklung fördern – vom ersten bis zum neunten Monat
Wie auch die westliche Frauenheilkunde weiß Ayurveda um die Entwicklung des Fötus im Mutterleib und möchte durch gesunde Ernährung und Lebensweise zu einer optimalen Entwicklung beitragen. Speziell die ersten 3 Monate sind entscheidend, da in diesem Zeitraum alle Organe und Funktionssysteme des Körpers gebildet werden und die Prakriti des Menschen sich ausformt. Im Anschluss findet nur das Wachstum dessen statt. Auch für die mentale Konstitution, welche für die geistigen Neigungen und Anlagen, Intelligenz und Bewusstsein des Menschen verantwortlich ist, wird in den ersten 12 Wochen das Fundament gelegt. Die Gefühle, Handlungen und Einstellungen der Mutter übertragen sich direkt auf das Kind und beeinflussen die Verteilung und Manifestation der mentalen Kräfte Tamas, Rajas und Sattva. Umso mehr Liebe, Schutz, Geborgenheit und wohlwollende Unterstützung die werdende Mutter in den sensiblen Schwangerschaftsmonaten erfährt und umso entspannter, freudvoller und spiritueller sie ihren Alltag gestaltet, umso positiver und stärker können sich die geistigen Kräfte des sich entwickelnden Fötus herausformen.
Nach dieser überaus empfindsamen Anfangsphase gewinnen Mutter und Kind während der Schwangerschaft immer mehr Stabilität im Wachstumsprozess. Achtet die Schwangere nun auf eine möglichst umfassende Versorgung mit allen notwendigen Aufbaustoffen und passt sie ihren Lebensstil ihren körperlichen und mentalen Bedürfnisse an, so steht einer glücklichen, erfüllten und gesunden Schwangerschaft nichts mehr im Wege.
Empfehlungen für spezielle Bedürfnisse und Beschwerden in der Schwangerschaft
Granatapfel wird bei Blutarmut zum regelmäßigen Verzehr empfohlen. Auch der Heißhunger nach sauren Substanzen ist ein Symptom für einen Mangel an Raktadhatu und sollte mit Granatapfel befriedigt werden. Goldwasser ist ein traditionelles Mittel, welches den Gewebestoffwechsel aller Dhatus nährt, gegen Schwangerschaftsdepressionen hilft und zur Immunstärkung und zur Wachstumsförderung des Fötus eingesetzt wird. Das medizinierte Wasser mit Gold wird hergestellt, indem 2 Liter Wasser in einem offenen Topf gegeben werden, ein Goldstück oder Goldring hinzugegeben wird und die Flüssigkeit auf 1 Liter eingekocht wird. Über den Tag verteilt trinken.
Phasen in der Schwangerschaft
Traditionell teilt die ayurvedische Frauenheilkunde die Zeit der Schwangerschaft (Pradam) nochmals in drei Phasen ein, für die spezielle Empfehlungen zum Dosha-Ausgleich gelten:
In der ersten Schwangerschaftsphase
sind die Doshas in Aufruhr. Die Monatsblutung setzt aus, allgemeines Unwohlsein, Müdigkeit, Frieren und innere Unruhe zeigen ein Übermaß an Vata an. Ebenso können Vata-typische Beschwerden betreffend der Verdauung auftreten, wie Appetitverlust, Erbrechen und Abneigung gegen Gerüche aller Art. Ein Kapha- Ungleichgewicht wird von Schweregefühl, Speichelzunahme und Spannung in den Brüsten signalisiert. Ein Übermaß an Pitta äußert sich in Form von Reizbarkeit und Übelkeit.
Alle Empfehlungen für die ersten Schwangerschaftswochen zielen darauf ab, Vata und Pitta auszugleichen und erhitzende Substanzen zu meiden, da diese den Fötus gefährden können. Mit viel Ruhe, Entspannung, ausgleichender Bewegung und kühlenden, aufbauenden, leicht verdaulichen Nahrungsmitteln erhalten Mutter und Kind die notwendige Stabilität für den Schwangerschaftsstart. Vor exzessiven Sexualpraktiken, Extrem- Sport oder starken körperlichen und geistigen Anstrengungen wird ausdrücklich gewarnt.
Spezielle Ernährungsempfehlungen für die erste Schwangerschaftsphase
- Alle schweren, heißen und sauren Nahrungsmittel vermeiden.
- Auf Alkohol, Kaffee und Fisch verzichten.
- Milch, Honig, Ghee, Mandeln, Kokosnuss, Rosinen, Aprikosen, Granatapfel in den Speiseplan integrieren.
- Reis, Weizen, Joghurt, Hülsenfrüchte und Geflügel werden für den Speiseplan empfohlen.
Die zweite Schwangerschaftsphase
beginnt mit der 16. Schwangerschaftswoche. Die Doshas haben sich beruhigt und alle Funktionen sind nun auf Wachstum und Aufbau der Dhatus ausgerichtet. Dazu braucht es eine nährende, aufbauende, kraftvolle Kost, die Mutter und Kind mit allen notwendigen Aufbaustoffen versorgt.
Heißhunger oder Gelüste nach süßen oder sauren Speisen sind typische Symptome von Mangelerscheinungen, welche durch schlechte Nahrungsaufschlüsselung (Manda Agni) hervorgerufen wurden oder auf Blutarmut zurückzuführen sind. In beiden Fällen helfen Granatapfel, Milch mit Ingwer und Pippali sowie ergänzende Kräuter, Vitamin- und Mineralstoffpräparate.
Hunger- und Fastenkuren sollten strengstens gemieden werden, genauso wie ausleitende Ayurveda- Behandlungen (Pancakarma) und Ölmassagen. Ausgenommen sind ayurvedische Massagetechniken, welche spezielle auf die Bedürfnisse von Schwangeren abgestimmt sind.
Die Frau sollte sich eines angenehmen und glücklichen Lebensstils erfreuen, schöne und helle Kleidung tragen, Perlenschmuck (kühlt) sowie sich täglich pflegen mit duftenden Ölen.
Spezielle Ernährungsempfehlungen für die zweite Schwangerschaftsphase
- Stets frisch gekochte Mahlzeiten einnehmen und nur wenig Rohkost essen.
- Süße Früchte wie Mango, Aprikosen, Trauben und süße Äpfel bevorzugen.
- Falls gewünscht kann 2- bis 3-mal pro Woche ein Mittagessen mit Geflügel, Fleischbrühe oder Eiern eingenommen werden.
- Milchreis und Ingwermilch sind besonders empfehlenswert.
- Nahrungsergänzungen wie Amalaki, Ashwaganda, Shatavari mit Milch nähren Mutter und Kind.
Die dritte Schwangerschaftsphase
bereitet Mutter und Kind auf die Geburt vor. Ab der 32. Schwangerschaftswoche kann das Apana-Vata mit Ölmassagen, Yogaübungen und sanfter Sexualität stärker stimuliert werden. Warme Bäder, Schwimmen im warmen Wasser und ruhige Spaziergänge entlasten Körper und Psyche. Warme Öl-Einläufe wirken auf Vata ein, erweichen den Beckenboden und Uterus und bereiten die Geburt vor. Diese werden in den letzten 2-3 Schwangerschaftswochen empfohlen.
Spezielle Ernährungsempfehlungen für die dritte Schwangerschaftsphase
- Keine blähenden und kalten Nahrungsmittel einnehmen.
- Am Abend leichte Suppen mit Gemüse, Reis oder Mungobohnen essen.
- Auberginen, Hing, schwarzer Pfeffer und Bockshornkleesamen stimulieren Apana-Vata.
- Reispudding mit Milch, Kardamom und Ghee unterstützen den Ojas-Transformationsprozess im 8. Schwangerschaftsmonat.
”Kein Geschenk übertrifft das Geschenk des Lebens“ CaSa, C1,4,61
Paricarya – die Nachsorge
Mit der Geburt beginnt die Nachsorge für die Mutter (Paricarya) und gleichzeitig die erste Phase der ayurvedischen Kinderheilkunde (Ksirada), welche bis zum 6. Monat andauert. Hier erfahren Mutter und Kind alles, was sie für einen guten Start ins neue Leben brauchen.
Die Geburt ist für Mutter und Kind sehr anstrengend und beide benötigen im direkten Anschluss stärkende Unterstützung, um den Geburtsstress zu verkraften. Das Vata-System ist völlig aus dem Lot und das Agni sehr schwach. Mit viel Ruhe und Agni-stärkenden Rezepturen kommt die Mutter zu neuer Kraft und Stabilität, welche sie an das Neugeborene überträgt.
Die Ernährung der Mutter ist entscheidend für das körperliche und emotionale Wohlbefinden für sie selbst und das Baby. Über die Muttermilch übertragen sich alle Nähr- und Wirkstoffe auf das Kind. Was die Mutter isst, überträgt sich direkt auf die Muttermilch. Eine ausgeglichene Diät mit viel frisch zubereiteten Speisen, die alle sechs Geschmacksrichtungen enthalten, und viel nährenden Flüssigkeiten (Suppe, Eintöpfe), sind Ernährung und Medizin zugleich. Im Krankheitsfalle werden alle Therapeutika für das Baby über die Ernährung der stillenden Mutter verabreicht. Die Heilkräfte der Nahrung, Gewürze und Kräuter können direkt über die Muttermilch, welche als optimale Trägersubstanz dient, weitergegeben werden.
Ist es der Mutter nicht möglich, im ausreichenden Maße auf ihre Gesundheit und Ernährung zu achten, so können sich typische Vata-Beschwerden wie Erschöpfung, Fieber, Gelenkschmerzen, Übergewicht, Appetitlosigkeit oder Schlaflosigkeit führen. Nun helfen zum Vata-Ausgleich eine leicht verdauliche Diät mit frischen, nährstoffreichen und befeuchtenden Speisen.
| Do ́s –
besonders empfehlenswerte Nahrungsmittel | Dont ́s –
besonders schädliche Nahrungsmittel |
Früchte | Apfel, Banane, Kirschen, Kokosnuss, Datteln, Brotbaumfrucht, Feigen, Trauben, Limonen, Orange, Papaya, Granatapfel, Pfirsich, Himbeeren, Erdbeeren | Zuckerrohr, Sternen-Stachelbeeren, Mango, Brotbaumfrucht, Wasserkastanien, Maulbeeren |
Gemüse | Spargel, Blumenkohl, Sellerie, Drumsticks, Spinat | Bittergurke, Gurke, Schwarze Bohnen, Kürbis, Okra, Sojabohne, Rote Beete, Karotten, Zwiebel, Kartoffel, Süßkartoffel, Yams |
Getreide | Gerste, Hirse, Mais, Reis, Amaranth, Hafer | Weizen |
Hülsenfrüchte | Mungobohnen | Kichererbsen, Urad Dal, braune Linsen, rote Linsen |
Nüsse | Mandel | Cashewnuss, Erdnuss, Pistazien, Walnuss, Wasserkastanie |
Öle | Erdnussöl, Sonnenblumenöl, Rizinusöl | Sesamöl, Olivenöl, Distelöl |
Gewürze | Hing, schwarze Senfsamen, Kardamom, Zimt, Nelke, Koriandersamen, Cumin, Fenchelsamen, Zimt, Knoblauch, Ingwer, Ajwein, Muskatnuss, schwarzen Pfeffer, Kurkuma, Garten-und Wasserkresse, Minze, Korianderblätter, Bockshornklee, Curryblätter | Chili |
Sonstiges | Kuhmilch, Buttermilch, einfache Butter, Honig | Joghurt, Sago, Hefe, Essig, Hartkäse, Büffelmilch, Fisch, Fleisch, gesalzene Butter, fermentierte Nahrungsmittel |