Ayurveda-Therapie bei Migräne

Behandlungsstrategien bei chronischen Kopfschmerzen

Artikel von Petra Eich-Mylo,
Heilpraktikerin, Spezialistin für Ayurveda-Therapie und Pflanzenheilkunde

Chronische Kopfschmerzen gehören zu den modernen Zivilisationskrankheiten. In Deutschland leiden etwa acht Millionen Menschen an einer Migräne. Statistisch gesehen sind Frauen weitaus häufiger betroffen als Männer. Die Störung wird meist im Alter zwischen 25 und 45 Jahren festgestellt. Es klagen jedoch zunehmend bereits Kinder über migräneähnliche Kopfschmerzen. Nach der Pubertät sind überwiegend Frauen betroffen, während ähnliche Symptomatiken bei Männern oft nicht als Migräne bezeichnet werden.

Auf Grund ihrer Häufigkeit werden jährlich in Deutschland etwa 500 Mio. € für die ärztliche und medikamentöse Behandlung der Migräne ausgegeben. Viele Betroffene, die der Einnahme von mittleren bis schweren Pharmazeutika müde geworden sind, begeben sich daher auf die Suche nach einer alternativen Behandlungsmöglichkeit und so finden sich immer mehr kopfschmerzgeplagte Menschen in unseren medizinischen Ayurveda-Kuren ein. Bereits in den alten ayurvedischen Schriften wird der Migräne-Kopfschmerz (Ardhavabhedak) beschrieben und die oft erfolgreiche Behandlungsweise hat bis heute nicht an Gültigkeit verloren.

Im Gegensatz zur Schulmedizin liegt der Schwerpunkt im Ayurveda in der Kombination einer Vielzahl von Heilansätzen und bewährt sich deshalb besonders bei chronischen Erkrankungen, die mit psychischer Komponente einhergehen.

Entstehung der Migräne aus ayurvedischer Sicht

Erhöhtes Vata und Pitta sind meist die Ursache für die Migräne. Es ist jedoch unerlässlich, im klassischen Ardhavabhedak am Fall zu differenzieren.

Die treibende Kraft ist Vata, insbesondere wenn eine Vata-Prakrti bereits vorliegt, die sich anhand der physischen und psychischen Symptome zeigt (z. B. Verstopfungsneigung, Ängste, Nervosität etc.) Im Fall von übersteigertem Pitta ist Hitze im Kopf im Vordergrund. Vor allem auch hier, wenn eine Pitta-Konstitution vorliegt, die sich unter anderem an begleitenden Problemen wie z. B. Bluthochdruck, Hautsensibilität, Überforderung und angestauten Emotionen äußert. Kapha wird in beiden Fällen zusätzlich gestört, was an der oft dazukommenden Übelkeit, Erbrechen oder Schweregefühl erkennbar wird.

Selbst wenn die Pathophysiologie der Migräne in der modernen Medizin nicht vollkommen geklärt ist, könnte man die genannten Dosha-Prozesse folgendermaßen interpretieren: Hyperaktive Nervenzellen bewirken in den Blutgefäßen eine Anspannung und anschließende Ausdehnung. Entzündungsausl.sende Substanzen werden freigesetzt und erzeugen in vielfältigen Prozessen das umfangreiche Schmerz- und Beschwerdebild.

In der Anamnese sollten alle typischen Faktoren abgefragt werden, um daraus die Dominanz festzustellen. Häufig liegen kombinierte Formen vor, so dass beide bzw. alle drei Doshas behandelt werden müssen. Wenn die Ursache eindeutig ist, so sollte das vorherrschende Dosha in den Vordergrund rücken und behandelt werden.

Ursachen für Migräne aus ayurvedischer Sicht

Mangelernährung, trockene, kalte saure Nahrung, exzessive körperliche Anstrengungen, hohe Stressfaktoren, Traumata, Verspannungen, tief sitzende Aggressionen und andere Emotionen.

Zuordnung der Symptome bei Migräne aus ayurvedischer Sichtweise

Vata: Schmerz, hohe Geräuschempfindlichkeit, Augenflimmern, evtl. neurologische Ausfälle
Pitta: Lichtempfindlichkeit, Sodbrennen, brennende Hitzeempfindung
Kapha: Übelkeit, Erbrechen, Gefühl von Schwere in Kopf und Körper

Ayurvedische Therapie-Möglichkeiten (sorgfälltig individuell angepasst)
Wiederum sind die Doshas zuerst gründlich zu differenzieren, für deren Diagnose und folgenden Therapie es unbedingt ratsam ist, einen in der Ayurveda-Medizin ausgebildeten Arzt oder Naturheilpraktiker zu konsultieren.

Erfahrungsgemäß sind die Vata-Formen in unserem Kulturkreis häufiger und entsprechend sind psychisch ausgelegte Behandlungsformen, Ölmassagen, Vata-Ernährung und ein rhythmischer Lebensstil entscheidend für den Erfolg.

Wenn konstitutionell oder symptomatisch eine starke Pitta-Ausprägung vorliegt, sind vor allem Shodhana-Maßnahmen (Virecana, Rakta-Moksha) und kühlende Takra-Dharas sinnvoll.

Generell sollte neben dem Schwerpunkt Psyche unbedingt auf die Verdauuung geachtet und entsprechend behandelt werden.

Generell wird aus folgenden Maßnahmen gemäß der konstitionellen Abklärung ausgewählt:

  • mildes Shodana (Ausleitungsverfahren) mit vorherigem Snehana (innere und äußerer Ölung) mit Panchatikta Ghrit
  • Asthapana/Anuvasana (Kräuter-/ Öl-Einläufe) im täglichen Wechsel
  • Ölmassagen, Fußmassagen, ShiroDhara (Stirnölguss), Takra-Dhara (Buttermilch-Guss)
  • eine zentrale Behandlung ist das tägliche Nasya (nasale Behandlung) mit reinem Ghee, mediziniertem Ghee oder einem speziellen Öl
  • Spezielle Kräutertees, das Kauen von Gewürznelken, Nelkentee und Nahrungsergänzungsmittel mit Vata- und/bzw. Pitta-senkenden Eigenschaften werden über einen längeren Zeitraum zur Stabilisierung empfohlen
  • Als wichtiges „Heilmittel“ dient darüber hinaus die ayurvedische Ernährung.

Folgende Nahrungsmittel werden empfohlen:

Weizen, Reis, Mudga (MungDal), warme Milch (bitte immer alleine trinken, Nahrungsmittel!), Honig, Mandeln, Zucchini, Artischocken, Kürbis, Fenchel, Weintrauben, frischer Ingwer, Anis, Koriander, Nelken, Safran.
Die Nahrung sollte mit recht viel Ghee zubereitet sein.

Vermieden werden sollten:

Hirse, Mais, Kichererbsen, saures Obst, Tomaten, scharfe Gewürze, Joghurt, Käse, saure Sahne, Wurst, Fleisch, Fisch, Eier, Pilze, Kaffee, schwarzer Tee, Alkohol, Fast Food, glutamathaltige Nahrung.

Darüber hinaus können folgenden Empfehlungen für den Alltag gegeben werden:

  • Entspannungstechniken
  • Atemübungen
  • Bewegung an der frischen Luft
  • Yogaübungen
  • Meditation
  • Stressreduktion (beruflich wie emotional)
  • Temperaturreize wie Wind und direkte Sonne vermeiden
  • Schulung der Selbstwahrnehmung

Und zum Schluss noch ein paar weitere Tipps:

  • Wenn Sie den Beginn von Kopfschmerzen empfinden, ziehen Sie beide Ohrläppchen nach unten und gähnen Sie dabei kräftig. Dies reduziert den Druck in den Blutgefäßen und verringert damit den Druck im Kopf.
  • Stirnwickel: Je 5 Tropfen Lavendel-und Majoran-Öl in eine Schüssel mit kühlem Wasser geben, darin ein Baumwolltuch eintauchen, ausdrücken und für ca. 20 Min. auf die Stirn auflegen. Lavendel beruhigt und Majoran entspannt die Muskulatur und Gefäße.
  • Folgende Akupressurpunkte können Erleichterung bringen:
  • an den inneren Augenwinkeln sanft drücken
  • an den äußeren Augenwinkeln drücken
  • außen oberhalb der Augenbrauen drücken
  • Punkt neben Daumen-und Zeigefinger-Grundgelenk der linken Hand massieren