Artikel von Prof. Dr. Shivenarain Gutpa, M.D., und HP Oliver Becker
Depression
Depression im Allgemeinen
Depression wird im Ayurveda als Viṣāda oder Avasāda bezeichnet. Sie wird als ein Zustand beschrieben, in dem jemand die starke Erwartung von Versagen gegenüber den zu bewältigenden Aufgaben entwickelt und sich hilflos fühlt damit umzugehen. Der Zustand ist charakterisiert durch Rückzug, Traurigkeit, Antriebsmangel, Interessenlosigkeit und Verzweiflung. Depressionen in verschiedensten Ausprägungen von mild bis stark bilden ein sehr verbreitetes mentales Problem der heutigen Zeit.
Ursachen
Vererbung scheint eine gewisse Rolle in der Verursachung einer Depression zu spielen, da Depressionen in bestimmten Familien gehäuft auftreten. Eine Depression kann auch durch spezifische Familienumstände verursacht werden. Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen, einer mentalen Dominanz von Rajas und Tamas und einer physischen Dominanz von Vāta, neigen stärker dazu, eine Depression zu entwickeln. Außerdem können schwierige Lebensereignisse, Verluste, Veränderungen, andauernder Stress oder vāta-provozierende Situationen eine Depression verursachen. Ein Mangel an sozialer Unterstützung trägt zur Entstehung einer Depression bei. Auch ernsthafte medizinische Problematiken wie Herzerkrankungen, Schlaganfall, Diabetes, Krebs, hormonelle Erkrankungen (bes. in perimenopausal oder durch Hypothyreose), chronische Niereninsuffizienz, Morbus Parkinson und Morbus Alzheimer können eine Depression verursachen.
Klinische Manifestationen einer Depression
Ein Mensch mit einer mehr als zwei Wochen andauernden depressiven Verstimmung, der dabei mindestens die Hälfte der folgenden Symptome aufweist, leidet an einer Depression:
- Traurigkeit
- Weinkrämpfe
- Interessenverlust oder mangelnde Freude an üblichen Aktivitäten
- signifikante Appetitvermehrung oder -verminderung
- signifikante Gewichtsverminderung oder -zunahme
- Unfähigkeit zu schlafen oder übermäßiger Schlaf
- Aufregung oder Reizbarkeit
- Erschöpfung oder Energieverlust
- Gefühle der Wertlosigkeit oder Schuld
- Todes- oder Selbstmordgedanken
Die Winterdepression oder der Winter Blues ist eine saisonal-affektive Störung (auch SAD von Seasonal Affective Disorder; saisonal abhängige Depression), bei der Menschen, welche die meiste Zeit des Jahres eine normale Gesundheit aufweisen, in der Winterzeit depressive Symptome erfahren. Sie tritt häufiger auf in den Regionen und zu den Zeiten, in denen viel Dunkelheit aufgrund eines bewölkten Wetters oder Mangels an Sonne vorherrschen. Dies zeigt die Bedeutung der Sonne für unser Leben. Der moderne Lebensstil und der zunehmende Zusammenbruch des Familiensystems bilden wesentliche beitragende Faktoren. Menschen, die allein oder in Isolation leben, leiden häufiger unter dieser Problematik. Die oben genannten Wetterumstände fördern gemäß Ayurveda eine Vāta- Provokation, die eine bedeutende Komponente bei dieser Erkrankung bildet.
Symptome einer Winterdepression umfassen Schwierigkeiten beim morgendlichen Aufwachen, Neigung zu übermäßigem Schlaf und übermäßigen Essen, welche zu Übergewicht führen sowie Energiemangel, Pessimismus, Depression, Konzentrationsschwierigkeiten, Rückzug von Freunden, Familie und sozialen Aktivitäten.
Therapie
Selbstfürsorge
Identifizieren Sie Aktivitäten, durch die Sie sich besser fühlen, fokussieren Sie sich auf diese und involvieren Sie sich kontinuierlich in sie. Isolieren Sie sich nicht, selbst wenn Sie das Bedürfnis dazu verspüren.
Engagieren Sie sich in Aktivitäten, auch wenn Ihnen nicht danach zumute ist. Versuchen Sie, eine positive Sichtweise zu bewahren. Analysieren Sie Ihre Fähigkeiten mit realistischem Enthusiasmus und setzen Sie sich Ihre Ziele entsprechend, ohne jegliche Sorge um Erfolg oder Misserfolg. Ihre Bemühungen werden niemals vergeblich sein, denn das ist ein universelles Gesetz. Versichern Sie sich, dass auch langweilige Dinge vorübergehen. Entwickeln Sie dabei Geduld (bitte warten!). Sozialisieren Sie sich und diskutieren Sie Ihre Probleme und Gefühle mit Freunden und Familienmitgliedern. Organisieren Sie kleine Wochenendpartys und partizipieren Sie aktiv an solchen, sollten Sie eingeladen werden. Nehmen Sie sich einige Tage frei, ohne dadurch Ihren Wochenablauf zu stören. Sorgen Sie für genug Licht in Ihrem Zuhause.
Praktizieren Sie regelmäßig Yogāsana, Prāṇāyāma und Meditation (vielleicht zusammen mit Freunden). Achten Sie auf eine vernünftige und schmackhafte Ernährung entsprechend der ayurvedischen Regeln. Diese sollte insbesondere Nahrungsmittel beinhalten, die Vāta senken und Sattva fördern. Gönnen Sie sich genügend Ruhe und Entspannung und sorgen Sie für einen regelmäßigen Schlafrhythmus. Schauen Sie in Ihrer Freizeit leichte und unterhaltende Filme, welche die Positivität des Lebens hervorheben.
Klinische Therapie
Von großer Bedeutung sind die Analyse der Ätiologie und des Ursprungs der Erkrankung sowie eine psychologische Betreuung, um gegenüber Situationen und sich selbst eine positive Einstellung zu entwickeln, positive Gedächtnisinhalte zu kultivieren und sich von vergangenen traumatischen Erinnerungen zu lösen. Als Therapeut leiten Sie den Patienten zur Meditation an. Sollte der Patient bereits moderne Medikamente einnehmen, so setzen Sie diese fort. Führen Sie bei Eignung des Patienten eine klassisch-ayurvedische Śodhana (Reinigung) durch, auf die Bastis (Einläufe) with Nārāyaṇa-taila folgen. Weitere Empfehlungen sind Śirodhārā (Stirnölguss) mit Nārāyaṇa-taila, Nasya (nasokraniale Therapie) mit Brāhmī ghṛtam. Geeignete Heilpflanzen zur inneren Einnahme sind eine Pulverkombination aus Aśvagandhā (3-6g) und Kapikacchu (3g) 2x täglich mit warmer Milch und Jaṭāmānsī (2-3g) 2x mit warmer Milch. Unterstützung und Zusicherung von Familie, Freunden und Verwandten sind ebenfalls notwendige Maßnahmen.
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