Die Bevölkerungsentwicklung in den westlichen Industriestaaten ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Überalterung. In naher Zukunft wird die abnehmende Zahl der Erwerbstätigen eine sprunghaft zunehmende große Population von alten Mitmenschen nicht mehr in gebührendem Umfang finanziell versorgen können. Hier kann Ayurveda als zutiefst humanes und ökonomisch finanzierbares Modell der Gesundheitsfürsorge eine wichtige Rolle spielen.
Aus ayurvedischer Sicht ist das Alter von einer ausgeprägten Vata-Dominanz geprägt. Somit stellen auch die typischen Vata-Erkrankungen den Schwerpunkt der geriatrischen Versorgung dar (rheumatischer Formenkreis, neurodegenerative Erkrankungen, respiratorische Krankheiten etc.)
Bei einer Vielzahl von typischen Alterspathologien ist die Schulmedizin aus medizinischen und ökonomischen Gründen rasch am Ende ihres therapeutischen Spektrums angelangt. Die Behandlung von chronischen multimorbiden Patienten ist zum Teil extrem teuer und mit einer Vielzahl von unerwünschten und gefährlichen Nebenwirkungen behaftet.
Als der Ganzheitlichkeit verpflichteter Mediziner wissen wir Ayurveda-Therapeuten auch, unsere alten Mitmenschen auf die Endlichkeit der somatischen Existenz und die Permanenz unserer psychospirituellen Persönlichkeit hinzuführen. Gerade in der terminalen Vataphase des Lebens müssen wir diese Zurücknahme der substantiellen Aspekte des Körpers annehmen und unsere Patienten in diesem Verständnis unterstützen. So sollte das Ziel nicht „Krankheitsfreiheit“ um jeden Preis sein, sondern Stärkung der psychischen und spirituellen Komponenten der menschlichen Existenz unter Erhaltung von Lebensqualität und Würde.
In diesem Sinne stellen sich uns viele typische Erkrankungen des fortgeschrittenen Lebensalters als so geartete Reduktionen von materieller Substanz dar; exemplarisch zeigt sich das etwa bei der Osteoporose.
Anders ausgedrückt sollte es durchaus die Zielrichtung des therapeutischen Begleiters sein, die positiven Aspekte von Vata herauszukristallisieren, als da sind Leichtigkeit, mentale Beweglichkeit, Intuition, Kreativität, oder ganz allgemein Loslösung von Materie und Anhaftung.
Auf diesem Weg, welcher höchste Anforderungen an die geistige Potenz der Patienten stellt, sollten wir als Behandler dergestalt unterstützend wirken, als wir so gut wie möglich die behindernden Krankheitsfaktoren Schmerz, Kraftverlust, Mobilitätsverlust oder auch zerebral-mentale Insuffizienz in Grenzen zu halten haben. Eine adäquate Zielvorstellung könnte man bezeichnen als „Körper und Geist im Einklang mit Vata“.
Konkret werden dann ayurvedische Konzepte bei häufigen geriatrischen Erkrankungen dargestellt: Rheuma, Depression, Malignom, Klimakterium, Diabetes mellitus, Metabolisches Syndrom, Neurodegeneration (M. Parkinson, Multiple Sklerose) sowie gastrointestinale Störungen.